Gefährlicher Hund in Niedersachsen

Wann gilt ein Hund als gefährlich in Niedersachsen?

Ein Hund kann in Niedersachsen als gefährlich eingestuft werden, wenn ein Vorfall bekannt wird, bei dem der Hund einen Menschen oder ein Tier gebissen oder verletzt hat. Dies kann z.B. bedeuten, dass ein Mensch eine Bißverletzung erlitten hat, dass ein Mensch durch das Anspringen eines Hundes zu Fall kam und sich dabei verletzte, dass ein Hund ein Kaninchen oder ein Schaf gerissen hat oder dass es in einer Auseinandersetzung zwischen zwei Hunden zu Verletzungen kam. Auch wenn keine Verletzung vorliegt, der Hund aber wiederholt Menschen oder Tiere bedroht, kann der Hund als gefährlich eingestuft werden. Im niedersächsischen Hundegesetz §7 Absatz 1 heißt es hierzu:

Erhält die Fachbehörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund, der von einer Hundehalterin oder einem Hundehalter nach § 1 Abs. 2 gehalten wird, eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere

  1. Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbreitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat oder
  2. auf Angriffslust, auf über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe oder auf ein anderes in der Wirkung gleichstehendes Merkmal gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet ist,

so hat sie den Hinweis zu prüfen. Ergibt die Prüfung nach Satz 1 Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Fachbehörde fest, dass der Hund gefährlich ist. Die Klage gegen die Feststellung nach Satz 2 hat keine aufschiebende Wirkung.

Die Gefährlichkeitsfeststellung erfolgt in der Regel durch das zuständige Veterinäramt. In einigen Kreisen ist hierfür jedoch das Ordnungsamt zuständig.

Kann der Geschädigte Hund und Halter identifizieren und meldet den Vorfall beim Veterinäramt, so geht das Veterinäramt den Vorwürfen nach. Diese Meldung beim Veterinäramt sollte schriftlich erfolgen. Es ist in der Regel auch möglich, gegenüber dem Hundehalter anonym zu bleiben. Ein Hund, der in Niedersachsen einen Menschen oder ein Tier gebissen oder verletzt hat, kann nach der Meldung automatisch als gefährlich eingestuft werden. Es bedarf also keiner weiteren Überprüfung des Hundes. Die genaue Vorgehensweise unterscheidet sich jedoch von Amt zu Amt und richtet sich zudem nach der Schwere des Falles.

Welche Folgen hat eine Gefährlichkeitseinstufung?

Die Haltung eines gefährlichen Hundes ist erlaubnispflichtig und ist mit Auflagen verbunden. Gilt ein Hund als gefährlich, sind folgende Auflagen zu beachten.

– Leinen- und Maulkorbzwang außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke

Der Leinenzwang besteht in den meisten Fällen an einer 2-Meter-langen Leine.
Bezüglich des Maulkorbs gilt es, ein Exemplar zu finden, welches dem jeweiligen Hund passt, ihm Hecheln, Trinken und möglichst auch Fressen ermöglicht, aber ein Beißen zuverlässig verhindert. Eine Checkliste zur Wahl des passenden Maulkorbes haben wir in dem Artikel Maulkorb für Hunde zusammengestellt. Viele Behörden schicken ein Informationsblatt mit, um z.B. das Anlegen ungeeigneter Maulschlaufen oder unsicherer Maulkörbe zu verhindern. Eine Auswahl geeigneter Maulkörbe ist z.B. unter folgenden Links zu finden: Tierverhaltenstherapie-Shop.de (externer Link) oder ChicundScharf.com (externer Link).

Zur Gewöhnung an den Maulkorb hat die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz ein Merkblatt herausgebracht, welches häufig von den zuständigen Behörden versendet wird und hier zu finden ist: TVT-Merkblätter (externer Link)

– Beantragung einer Erlaubnis zum Halten des gefährlichen Hundes

Diese Erlaubnis muss unverzüglich nach Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes beantragt werden. Zum Einreichen aller erforderlichen Unterlagen besteht eine Frist von drei Monaten. Die Behörde kann einmalig einen Aufschub von drei Monaten gewähren. Dies wird z.B. häufig praktiziert, wenn aufgrund ungenügender Maulkorbgewöhnung noch kein aussagekräftiger Wesenstest abgelegt werden kann.
Voraussetzungen zum Erhalt einer Erlaubnis sind: Volljährigkeit, persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des Hundehalters. Zum Nachweis der Zuverlässigkeit ist ein polizeiliches Führungszeugnis der Belegart O vorzulegen. Zur Überprüfung der persönlichen Eignung kann ggf. ein fachärztliches oder ein fachpsychologisches Gutachten erstellt werden. Als ungeeignet gelten u.a. Personen, die wegen Gewaltdelikten, Trunkenheits-, Waffen- und Tierschutzdelikten verurteilt wurden oder gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben, geistig behindert oder rauschmittelabhängig sind und auf Grund ihrer körperlichen Verfassung nicht in der Lage sind, einen Hund sicher zu führen.

– praktische Sachkundeprüfung mit dem gefährlichen Hund

Auch wer bereits als sachkundig gilt, muss den praktischen Teil der Sachkundeprüfung mit dem als gefährlich geltenden Hund ablegen. Hier finden Sie eine Liste anerkannter Prüfer für die Niedersächsische Sachkundeprüfung (externer Link).

– Wesenstest des gefährlichen Hundes

Zum Ablegen des Wesenstests muss der Hund an einen Maulkorb gewöhnt sein, so dass der Maulkorb ihn nicht im Verhalten einschränkt. Andernfalls können ggf. wichtige Situationen nicht aussagekräftig getestet werden und der Hund muss zu einem späteren Zeitpunkt erneut zum Wesenstest vorgestellt werden. Der Wesenstest wird von spezialisierten Tierärzten abgenommen. Eine Liste ausgewählter Wesenstester erhält der Hundehalter in der Regel von seiner zuständigen Behörde. Informationen zum Niedersächsischen Wesenstest finden Sie unter Was ist der Niedersächsische Wesenstest?.

– Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung des Hundes

Falls nicht bereits geschehen, muss der Hund mittels eines Chips gekennzeichnet werden und der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist nachzuweisen. Auch der Nachweis über die Anmeldung im zentralen Hunderegister kann gefordert werden.

Werden nicht alle Voraussetzungen erfüllt, wird in der Regel keine Erlaubnis zur Haltung des Hundes erteilt. Dies bedeutet, dass der Halter den Hund nicht mehr halten darf.

Gassi gehen mit gefährlichem Hund

Auch weitere Personen, die den als gefährlich eingestuften Hund ausführen, müssen eine entsprechende Erlaubnis beantragen und die praktische Sachkundeprüfung mit dem betroffenen Hund ablegen. Die Erlaubnis ist beim Führen des Hundes in der Öffentlichkeit stets mit sich zu führen. Verstöße gegen das Gesetz stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können mit einer Geldbuße bis zu 10.000€ geahndet werden. Im Einzelfall kann die zuständige Behörde zudem auch weitere Maßnahmen treffen. So kann z.B. die Durchführung einer Verhaltenstherapie des Hundes angeordnet werden.

Eine Befreiung vom Leinenzwang, teils auch vom Maulkorbzwang ist in in Einzelfällen möglich. Hierzu wird in der Regel insbesondere das Gutachten des Wesenstests herangezogen. Auch eine Rücknahme der Gefährlichkeit ist gemäß §49 Verwaltungsverfahrensgesetz möglich, wird in der Regel aber nicht praktiziert.

Grundsätzlich ist es ratsam, sich frühzeitig kompetente Hilfe zu suchen, um den Hund an den Maulkorb zu gewöhnen, ihn auf den Wesenstest vorzubereiten und die Ursache des Vorfalls zu beheben. Denn der Hund, der auffällig geworden ist, leidet am meisten unter der Situation.

Weitere Gefährlichkeits-Regelungen

Gerichtsurteile aus verschiedenen Bundesländern zur Gefährlichkeitsfeststellung von Hunden haben wir hier für Sie zusammengefasst: Einstufung von Hunden als gefährlich.

Alle Regelungen zur Hundehaltung in Niedersachsen haben wir unter Vorschriften für Hundehalter in Niedersachsen für Sie zusammengefasst.

Zusätzlich zu den landesweiten Vorschriften sind kommunale Regelungen zu beachten. Vorschriften zur Hundehaltung in Hannover sind unter Hundehaltung in Hannover für Sie zusammengefasst.

Links

Maulkörbe: Tierverhaltenstherapie-Shop.de (externer Link) oder ChicundScharf.com (externer Link)

TVT-Merkblätter (externer Link)

Liste anerkannter Prüfer für die Niedersächsische Sachkundeprüfung (externer Link)

weiterlesen: Einstufung von Hunden als gefährlich

weiterlesen: Was ist der Niedersächsische Wesenstest?

weiterlesen: Vorschriften für Hundehalter in Niedersachsen

weiterlesen: Zentrales Hunderegister Niedersachsen

weiterlesen: Hundehaltung in Hannover

© Dunia Thiesen-Moussa

 

Name
Dr. med. vet. Dunia Thiesen-Moussa
Fachtierärztin für Tierverhalten, Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie
Über mich
Nach mehrjähriger Leitung der verhaltensmedizinischen Sprechstunde der Tierärztlichen Hochschule Hannover betreibe ich die Tierärztliche Praxis für Kleintierverhalten und die Hundeschule Kleintierverhalten.
Mein Motto
Wissen schützt Tiere
Tätigkeiten
Verhaltenstherapie, Hundetraining, Referententätigkeiten, Gutachterin in Wesenstests, Prüferin des D.O.Q.-Tests 2.0, Prüferin der Sachkundeprüfung nach §3 NHundG, Mitglied der Prüfungskommission zur Zertifizierung von Hundetrainern durch die Tierärztekammer Niedersachsen, externe Sachverständige für Fachgespräche zur Erlaubnispflicht nach §11 TierSchG

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