Wie bringen Sie dem Hund nun gute Leinenführigkeit bei? Im Prinzip ist dies ganz einfach. Da Hunde aus Erfahrung lernen, müssen Sie nur dafür sorgen, dass der Hund die erwünschten Erfahrungen sammelt. Wenngleich das Trainingsprinzip hierzu denkbar einfach ist, ist die praktische Umsetzung eine Herausforderung.
Training nach dem Ampelprinzip
Leinenzug heißt Stopp
Ist die Leine locker, ist die Ampel grün – es geht voran. Ist Zug auf der Leine, ist die Ampel rot – es geht nicht weiter voran. Der Hund lernt so, dass Zug auf der Leine zum Stopp führt, während es an lockerer Leine vorangeht. Die Stolpersteine bei dieser Übung lauten Konsequenz und Timing: Bleiben Sie nicht JEDES MAL SOFORT stehen, sobald Zug auf der Leine ist, ist der Effekt der Übung dahin – dann bringen Sie dem Hund über intermittierende Verstärkung bei, immer weiter an der Leine zu ziehen (siehe Leinenführigkeit – Teil I).
Stehenbleiben nimmt Belohnung
Besonders in den ersten Trainingstagen ist die absolute Konzentration des Halters erforderlich: Spüren Sie Zug auf der Leine, bleiben Sie SOFORT kommentarlos stehen! Auch Ihr Arm mit der Leine bewegt sich kein Stückchen weiter nach vorne. Verharren Sie einfach und warten Sie ab, was Ihr Hund tut. Anfangs kann es einige Augenblicke dauern, bis er reagiert, doch irgendwann wird der Hund sich zu Ihnen umwenden. In diesem Moment lockert sich die Leine – Ihr Zeichen, den Hund zu loben und durch Weitergehen zu belohnen. Da der Hund zieht, um weiter zu kommen, ist das Stehenbleiben für ihn eine negative Strafe (= etwas Angenehmes wird weggenommen/ vorenthalten). Das Weitergehen hingegen ist die positive Verstärkung (= etwas Angenehmes wird zugefügt = Belohnung). Hunde, die sehr futtermotiviert sind, können auch mit Futter belohnt werden. Dies sollte sich jedoch auf die seltenen Gelegenheiten beschränken, an denen der Hund besonders schnell auf das Stehenbleiben reagiert und sich zu Ihnen umgewendet hat, eventuell sogar bis zu Ihnen zurück gekommen ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Sie dem Hund beibringen erst an der Leine zu ziehen, um sich dann bei Ihnen Futter abzuholen.
sich das Training erleichtern
Zwei-Methoden-Modell
Anfangs brauchen Sie für diese Übung viel Geduld und Zeit. Da Sie vermutlich nicht auf jedem Spaziergang die Zeit haben, diese Übung konsequent umzusetzen, bietet sich ein Zwei-Methoden-Modell an. Hierzu bietet sich die Verwendung von Halsband und Geschirr an: Ist die Leine am Halsband eingehakt, geht es nur bei guter Leinenführigkeit voran. Am Geschirr hingegen darf der Hund auch ziehen. Hunde können derartige Unterschiede sehr schnell lernen. Und Sie können die Leine einfach umstecken, wenn Sie mit dem Training beginnen oder es beenden möchten.
ablenkungsarme Umgebung
Machen Sie es sich und dem Hund zunächst einfacher, indem Sie in ablenkungsarmer Umgebung mit dem Training anfangen und üben Sie anfangs nur einige Minuten. Später dehnen Sie die Trainingseinheiten aus. Variieren Sie dabei auch das Tempo Ihres Ganges und trainieren Sie an verschiedenen Leinenlängen.
gute Leinenführigkeit soll Spaß machen
Führen Sie diese Übung nicht aus, wenn Sie vom Ziehen des Hundes bereits genervt sind! Der Hund soll lernen, dass es keine Strafe, sondern vielmehr angenehm ist, an lockerer Leine zu gehen. Führen Sie die Übung daher nur aus, wenn Sie gelassen und gut gelaunt sind. Sind Sie motiviert, überträgt sich dies auch auf Ihren Hund. Freuen Sie sich, wenn der Hund den Zug von der Leine nimmt und loben Sie den Hund auch gelegentlich, während er an lockerer Leine neben Ihnen geht. So lernt der Hund, dass er an lockerer Leine schneller vorankommt und dass es sogar Spaß macht, an lockerer Leine neben Ihnen zu gehen.
Kommunikation und Kontrolle durch die Leine
Achten Sie darauf, dass auch Sie nicht an der Leine ziehen!
Damit der Hund lernt, an lockerer Leine zu gehen, darf auch das andere Leinenende nicht ziehen, um seinen Willen durchzusetzen! Die Leine sichert den Hund lediglich und erinnert ihn daran, dass er mit Ihnen in enger Kommunikation steht. Sie alleine führen den Hund und kontrollieren Ihn über trainierte Hör- und Sichtzeichen.
Reagiert der Hund anfangs nicht auf das Stehenbleiben und versucht er weiterhin, weiter nach vorne zu gelangen, können Sie auch einige Schritte rückwärtsgehen. Dadurch ziehen Sie den Hund mit. Sobald der Hund hierauf reagiert und nachkommt, ist die Leine wieder locker – nun gehen Sie wieder vorwärts. Keinesfalls sollten Sie jedoch dazu übergehen, bei Zug auf der Leine jedes Mal die Richtung zu wechseln! Dieses ständige Hin- und Hergehen wird von den Hunden schnell nicht mehr als Strafe betrachtet – in der Regel verwirrt es sie höchstens.
Trainingsmittel Halti
Bei großen oder kräftigen Hunden ist es dem Halter eventuell gar nicht möglich, sofort stehenzubleiben, wenn der Hund an der Leine zieht. Hier können als spezielle Trainingsmittel so genannte Haltis hilfreich sein, welche die Kräfteverhältnisse zugunsten des Halters verändern. Diese Haltis müssen individuell angepasst und speziell antrainiert werden. Zudem benötigen Sie bei Halti-Anwendung stets eine doppelte Leine oder eine zweite Leine, da neben dem Leinenende am Halti stets ein zweites Leinenende an Halsband oder Geschirr befestigt sein muss. Die fach- und tierscuhtzgerechte Anwendung des Haltis bedarf einiger Übung.
Von Haltis zu unterscheiden sind Hilfsmittel wie das Canny Collar oder das NewTrix, welche über den Oppositionsreflex arbeiten. Diese Hilfsmittel bewirken einen Druck im Nacken, der von den Hunden in der Regel als unangenehm empfunden wird und sind daher NICHT zu empfehlen. Utensilien wie Stachel- oder Würgehalsbänder sind grundsätzlich als tierschutzrelevant zu betrachten und gehören in kein Trainingsrepertoire!
Wenngleich die Lernprinzipen bei allen Hunden identisch sind, können individuell aufgrund verschiedener Motivationslagen, Erfahrungen und Trainingsvoraussetzungen unterschiedliche Trainingsprinzipien hilfreich sein. In jedem Fall aber sollte der Einsatz aversiver Reize vermieden werden. Bei Unsicherheiten lassen Sie sich von einem fachkundigen Profi beraten!
© Dunia Thiesen-Moussa