So schützen Sie Ihren Hund vor Giftködern

Immer wieder sorgen Funde von sogenannten Giftködern und damit verbundene Vergiftungsfälle für Schlagzeilen. Für die Hunde, welche die Köder aufgenommen haben, kommt oftmals jede Rettung zu spät. Und nicht nur Hunde, auch andere Tiere oder sogar Kinder kommen dadurch zu Schaden.

Giftköder – Was ist das?

Der Begriff Giftköder wird gerne benutzt, um alle gegen Hunde gerichteten Köder zusammenzufassen. Dabei kann man unterscheiden zwischen Ködern, die durch chemische Stoffe Vergiftungserscheinungen verursachsen, indem sie z.B. innere Blutungen oder hochgradige Erregungserscheinungen hervorrufen, und Ködern, die durch mechanische Verletzungen innere Blutungen verursachen. Wir verwenden den Begriff Giftköder im Folgenden für chemische und mechanische Köder.

Eine Aufnahme von Giftstoffen oder von Stoffen, die innere Verletzungen verursachen können, ist immer ein Notfall. Je eher sie erkannt wird und je eher der Tierarzt eingeschaltet wird, desto höher ist die Überlebenschance des Hundes. Je nach Giftstoff kann der Zeitpunkt des Eintretens einer Wirkung stark variieren. Einige der verwendeten Giftstoffe, z.B. Rattengift, führen erst nach mehreren Stunden bis wenigen Tagen zu Symptomen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Heilungschance meist deutlich reduziert.

Im Folgenden informieren wir Sie über Giftstoffe, Vergiftungserscheinungen, Notfallmaßnahmen und Anti-Giftköder-Training im Allgemeinen.

Vergiftung Hund – Giftstoffe

Mechanische Köder

Bei vielen Ködern wird gar nicht eine Vergiftung des Hundes erzielt, sondern die Verletzung innerer Organe. Hierzu werden z.B. Rasierklingen, scharfe Nägel oder Glasscherben in Futterstücken versteckt. Mechanische Köder können nach der Aufnahme durch die Verletzung innerer Organe zum inneren Verbluten des Hundes führen.

Giftköder – Rattengift

Rattengift ist ein sehr häufig auftretendes Gift. Dabei handelt es sich um Cumarin-Derivate, welche die Blutgerinnung hemmen. Symptome treten je nach Dosis bereits nach mehreren Stunden oder erst nach zwei bis vier Tagen auf. Durch eine Störung der Vitamin-K-Synthese kommt es zum inneren Verbluten des Hundes.

Das früher ebenfalls als Rattengift verwendete Strychnin ist ein Nervengift, welches zu schweren Krämpfen führen kann. Hier kann die Wirkung bereits nach wenigen Minuten eintreten, wodurch eine Behandlung meist nicht mehr möglich ist.

Giftköder – Schneckenkorn

Bei einer Vergiftung mit Schneckenkorn, welches in Schnecken-Bekämpfungsmitteln, so genannten Molluskiziden, enthalten ist, treten nach 30 – 60 Minuten Speicheln, Erbrechen und Durchfall auf. Nach wenigen Stunden kommt es meist zu Krämpfen, welche unbehandelt tödlich verlaufen können.

Vergiftung durch Kadaver

Neben speziell ausgelegten Ködern muss auch vor der Aufnahme isoliert ausgelegter Schädlingsbekämpfungsmittel geschützt werden – nicht jede Vergiftung mit Rattengift stammt aus Futterködern. Ebenso kann die Aufnahme vergifteter Ratten, Mäuse oder Vögel zur Vergiftung des Hundes führen.

Giftstoffe im Alltag

Neben den häufig eingesetzten Giftstoffen wie Rattengift und Schneckenkorn existieren viele weitere Stoffe, welche für den Hund toxisch sind. Tatsächlich entstehen etwa 90% aller Vergiftungsfälle nicht vorsätzlich, sondern durch menschliche Fahrlässigkeit im eigenen Haushalt. Potentielle Vergiftungsquellen für den Hund im Haushalt sind beispielsweise: Arzneimittel (häufig: Paracetamol, Benzodiazepine), Schokolade, Alkohol, schwarzer Tee, Kaffee, Süßstoff, Nikotin, Wasch- und Putzmittel, Iodlösungen, Frostschutzmittel, Düngestoffe, Insektizide, Molluskizide, Herbizide, Rodentizide (z.B. Rattengift) und Holz-Imprägnierungsmittel (Phenolabkömmlinge). Zu den Pflanzen und pflanzlichen Lebensmitteln, die für den Hund giftig sind, zählen: Avocado, Brokkoli, Kohlsorten, rohe Kartoffeln, Pilze, Erdnüsse, Walnüsse, Macadamianüsse, Obstkerne, Rhabarber, Weintrauben, Hülsenfrüchte, Knoblauch, Zwiebeln, Alpenveilchen, Auberginen-Blätter, Azalee, Eibe, Engelstrompete, Fingerhut, Herbstzeitlose, Herkulesstaude, Hopfen, Kartoffelkraut, Maiglöckchen, Marihuana, Oleander, Osterglocke, Philodendron, Rhabarber, Rittersporn, Roßkastanie, Stechapfel, Tollkirsche, Tomatenblätter, Wasserschierling, Weihnachtsstern, Wiesenbärenklau und Wolfsmilchgewächse.

Vergiftung Hund – Symptome

Die Vergiftungserscheinungen variieren in Abhängigkeit vom aufgenommenen Giftstoff. Häufige Symptome beim Hund können sein: Unruhe, Muskelzittern, Krämpfe, Lähmungen, Gleichgewichts- und Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, starkes Speicheln, blasse Schleimhäute, unruhiger Puls, Atemnot, blaue Zunge, dunkel verfärbtes Zahnfleisch, ungewöhnliche Pupillengröße, Blut im Kot oder im Urin, Nasenbluten, veränderte Körpertemperatur. Die Symptome können sowohl einzeln als in verschiedenen Kombinationen auftreten.

Erste Hilfe beim Hund

Angemessen im Notfall reagieren

Hat Ihr Hund Giftstoffe oder Köder aufgenommen, handelt es sich immer um einen Notfall. Auch wenn die Symptome oftmals erst Stunden bis Tage später eintreten, sollten Sie unverzüglich einen Tierarzt aufsuchen. Denn desto eher die tierärztliche Behandlung einsetzt, desto eher schützen Sie Ihren Hund vor irreparablen Organschäden.

Notfall-Fahrplan

  • Giftquelle sichern und Probe mitnehmen
  • Hund sichern und Tierarzt kontaktieren
  • Erste Hilfe nach Anweisung des Tierarztes
  • Hund zum Tierarzt befördern
  • Polizei verständigen

Giftquelle sichern

Das Wichtigste im Notfall ist es, Ruhe zu bewahren! Nehmen Sie vorhandene Reste des aufgenommenen Giftstoffes und, falls vorhanden, auch Erbrochenes des Hundes mit. Dem Tierarzt können Sie so eventuell wertvolle Hinweise liefern. Zeigt Ihr Hund keine Symptome, transportieren Sie ihn dennoch unverzüglich zum Tierarzt.

Sie können selber bereits die Kreislaufsituation des Hundes testen, indem Sie anhand der Lefzen des Hundes die Schleimhaut (rosa, feucht, glänzend?) und die kapilläre Füllungszeit (färbt sich der nach Druck mit dem Finger auf das Zahnfleisch erblasste Bezirk innerhalb von weniger als zwei Sekunden wieder rosa?) testen. Ist der Hund gehfähig, lassen Sie ihn selber zum Auto gehen.

Notfall-Maßnahmen

In lebensbedrohlichen Fällen besteht die wichtigste Maßnahme in der Sicherung der Vitalfunktionen. Dazu gehört vor allem das Freihalten der Atemwege und eventuell kreislaufstabilisierende Maßnahmen.
Im Falle eines Kreislaufschocks sollte der Hund während des Transports so gelagert werden, dass das Hinterteil höher liegt als der Kopf des Hundes. Im Falle einer Bewusstlosigkeit sollte der Hund in der stabilen Seitenlage transportiert werden. Bei Krämpfen muss der Hund vor Verletzungen geschützt werden.

Erste-Hilfe-Maßnahmen beim Hund werden von vielen Hundeschulen in Seminaren angeboten und sind auch Bestandteil unseres Anti-Giftköder-Trainings.

Tierarzt aufsuchen

Wenn möglich, bitten Sie eine zweite Person, mit Ihnen zum Tierarzt zu fahren. So kann sich eine Person um die Fahrt und die Verständigung mit dem Tierarzt kümmern, während die andere Person sich um den Hund kümmern kann.

Bevor Sie sich auf den Weg zum Tierarzt machen, kontaktieren Sie diesen bereits telefonisch. So können Sie zum Einen vermeiden vor verschlossener Tür zu stehen und können zum Anderen Zeit sparen, indem Sie dem Tierarzt die Möglichkeit geben, bereits vor Ihrem Eintreffen alles Nötige vorzubereiten.

Informieren Sie den Tierarzt daher bereits am Telefon darüber: Wann hat Wer Was In Welcher Menge aufgenommen und Welche Symptome oder Auffälligkeiten sind bisher aufgetreten?

Notfall-Behandlung beim Tierarzt

Der Tierarzt hat in der Regel verschiedene Möglichkeiten, die Vergiftung zu behandeln. Bis zu zwei Stunden nach der oralen Aufnahme kann das Gift durch das Auslösen von Erbrechen eliminiert werden. Wird der Hund erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt, kann es möglich sein, durch die Gabe von Aktivkohle die Giftstoffe zu absorbieren und so eine Entgiftung zu bewirken. Auch Magenspülung, Darmentleerung, Infusionen und Anregen der Nierenfunktion können zur Entgiftung beitragen.

Für viele Giftstoffe existieren zudem spezielle Gegengifte. Um diese einsetzen zu können, ist eine mitgebrachte Probe des aufgenommenen Giftstoffes wichtig. Aktivkohle wird häufig als universales Antidot bezeichnet, da sie in sehr vielen Vergiftungsfällen indiziert ist. Es existieren jedoch auch Ausnahmen, in denen die Gabe von Aktivkohle nicht geeignet ist (z.B. Vergiftung mit Alkohol, Schwermetallen, organischen Lösungsmitteln). Geben Sie Aktivkohle daher nur nach Rücksprache mit Ihrem Tierarzt Ihrem Hund ein!

Auch auf das eigenständige Auslösen von Erbrechen sollten Sie verzichten. Dies ist für den Hund in der Regel sehr unangenehm und zudem besteht die Gefahr einer Blockade der Atemwege, sowie je nach Giftstoff, lokaler Schädigungen.

Vergiftungs-Verdacht

Besteht zunächst nur ein Verdacht, da der Hund verdächtiges Futter aufgenommen hat, vom Boden gefressen hat in einer verdächtigen Gegend, oder der Halter neben der Fressstelle eine verdächtige Verpackung findet, sollten eventuell vorhandene Reste des aufgenommenen Stoffes, sowie eventuell Erbrochenes, schadfrei verstaut und zusammen mit dem Hund unverzüglich einem Tierarzt vorgeführt werden. Symptome treten häufig erst nach mehreren Stunden bis Tagen auf. Da zu diesem Zeitpunkt häufig jede Hilfe zu spät kommt, sollten Sie im Zweifelsfall lieber einmal mehr einen Tierarzt aufsuchen.

Gift-Fundort mitteilen

Beweise zur Polizei bringen

Haben Sie ausgelegte Köder entdeckt, machen Sie Beweisfotos, sichern Sie die Beweismittel und melden Sie den Fund der örtlichen Polizei. Häufig gefährden die ausgelegten Köder nicht nur Hunde, sondern auch andere Tiere und Kinder. Durch Meldungen in der Lokalpresse, in sozialen Netzwerken oder durch Aushänge können auch andere Hundehalter gewarnt werden.

Giftköder-Aufnahme vermeiden

Informieren

Als Erstes gilt es, Warnungen von Polizei, Tierärzten, Hundehaltern oder aus der Lokalpresse ernst zu nehmen. Hin und wieder entpuppen sich Giftköder-Meldungen zwar auch als Falschmeldungen – doch passen Sie im Zweifel lieber einmal zu viel auf.

Informieren können Sie sich auf Internet-Plattformen, wie z.B. giftköder-radar (externer Link), oder in diversen social media – Gruppen. Wer sich in der Giftköder-Problematik engagieren möchte, findet z.B. über die Facebook-Seite von Hundefreunde gegen Hundehasser Gleichgesinnte in ganz Deutschland.

Hund genau beobachten

Köder werden häufig an Orten ausgelegt, an denen viele Hunde spazieren geführt werden. Meist liegen sie unscheinbar am Wegesrand, wo sie zuvor unauffällig platziert werden konnten. Lassen Sie Ihren Hund nur in Ihrem Sichtfeld laufen und beobachten Sie Ihren Hund genau, um Interesse an herumliegenden Objekten zu erkennen, bevor der Hund das fragliche Objekt bereits verspeist hat. Schnüffelt Ihr Hund an einer Stelle auffallend interessiert, schauen Sie nach, was den Hund so verlockt.

Verfügt Ihr Hund nicht über einen zuverlässigen Rückruf und begibt er sich zum Schnüffeln aus Ihrem Blickfeld hinaus, nehmen Sie ihn vorsorglich an die Leine.

Maulkörbe schützen unzuverlässig

Häufig werden zum Verhindern des unerwünschten Aufnehmens von Futter Maulkörbe eingesetzt. Zur Verwendung von Maulkörben gilt, dass diese grundsätzlich nur nach vorheriger Maulkorb-Gewöhnung eingesetzt werden sollten und es sich um ein gut sitzendes Exemplar handeln muss, welches dem Hund Hecheln und Trinken ermöglicht.

Tatsächlich ermöglichen die meisten Maulkörbe dem Hund auch das Auflecken und damit die Aufnahme ausgelegter Stoffe, was ihren Einsatz zur Prävention der Aufnahme von Ködern stark einschränkt.

Training mit dem Hund

Je eher desto besser: Je früher Sie dem Hund beibringen, nicht vom Boden zu fressen oder kein Futter von fremden Personen anzunehmen, desto eher wird der Hund angebotenes Futter ignorieren. Wenn Sie bereits im Welpenalter damit beginnen, Ihrem Hund nur nach Aufforderung Futter zu überlassen, wird er leicht lernen, sich vor der Aufnahme von Futter stets an Sie zu wenden.

Anti-Giftköder-Training

Aufgrund der zunehmenden Meldungen von ausgelegten Ködern gibt es immer mehr Kurse und Seminare, in denen Hundehalter ihrem Hund beibringen können, nicht unerwünscht Futter aufzunehmen.

Wichtige Signale für ein derartiges Anti-Fress-Training sind ein Abbruchsignal, ein Rückrufsignal und ein Aufmerksamkeitssignal. Auch viele weitere Signale, z.B. Sitz, Schau, Fuß aus dem Grundgehorsam und Übungen zur Impulskontrolle erleichtern das Training. Um bereits aufgenommenes Futter wieder herzugeben, ist auch das Aus-Geben von verlockenden Futtermitteln ein wichtiges Signal.

Vielen Hunden und vielen Haltern macht es zudem Spaß, gefundenes Futter nicht einfach zu ignorieren, sondern anzuzeigen. So hat der Halter stets die Wahl, den Hund weiterzuschicken oder das gefundene Futter frei zu geben. Neben diesen Übungen für den Hund können Sie durch das genaue Beobachten Ihres Hundes lernen zu erkennen, wann Ihr Hund „etwas in der Nase hat“ und können so eingreifen, bevor der Hund bereits am Fressen ist.

Eine sinnvolle Ergänzung eines Anti-Giftköder-Trainings sind Erste Hilfe – Maßnahmen und Hintergründe zu Giftstoffen sowie Vergiftungserscheinungen.

 

Links

Anti-Giftköder-Training in Hannover

Giftkarte der MSD (externer Link)

Übersicht über Giftnotrufzentralen in Deutschland des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (externer Link)

Name
Dr. med. vet. Dunia Thiesen-Moussa
Fachtierärztin für Tierverhalten, Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie
Über mich
Nach mehrjähriger Leitung der verhaltensmedizinischen Sprechstunde der Tierärztlichen Hochschule Hannover betreibe ich die Tierärztliche Praxis für Kleintierverhalten und die Hundeschule Kleintierverhalten.
Mein Motto
Wissen schützt Tiere
Tätigkeiten
Verhaltenstherapie, Hundetraining, Referententätigkeiten, Gutachterin in Wesenstests, Prüferin des D.O.Q.-Tests 2.0, Prüferin der Sachkundeprüfung nach §3 NHundG, Mitglied der Prüfungskommission zur Zertifizierung von Hundetrainern durch die Tierärztekammer Niedersachsen, externe Sachverständige für Fachgespräche zur Erlaubnispflicht nach §11 TierSchG

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